Annäherung zwischen Spitz und Katz’

Hallo Leute,

die letzten Wochen waren sehr nervenaufreibend für mich. Nicht in meinen schlimmsten Träumen hätte ich mir vorstellen können, mich von einem Kater als “dummer Hund” bezeichnen zu lassen … und selbst in meinem allerschlimmsten Albtraum hätte ich mir nicht eingestanden, dass der Kater irgendwie Recht haben könnte. Aber was soll ich sagen? Genau so ist es passiert! Ich fange mal lieber von vorne an …

Mein letzter Bericht endete ja mit der kleinen Beichte, dass ich es noch nicht geschafft hatte, Kontakt zu den Katzen aufzunehmen, und dem Versprechen, dass ich das ändern wollte. Es ist mein Naturell, dass ich Aufgaben sehr ernst nehme; also habe ich Tag für Tag beim Spaziergang oder auf der Wiese Augen und Ohren offen gehalten, um endlich mal einen unserer Katzenhausbewohner mit einem Gassigänger zu treffen. Nichts und niemanden habe ich getroffen … keine Katze auf dem Spaziergang … nie! Ich sehe wirklich jeden Hund fast täglich außerhalb des Hundehauses … sogar die Hunde aus der näheren Umgebung trifft man regelmäßig … aber nicht EINE Katze! Was haben die nur für Gassigänger, habe ich mich gefragt. Ich war schon ganz aufgelöst und ratlos, wie ich jemals die Samtpfoten mit ins Boot holen sollte. Es ging sogar so weit, dass meine Gassigängerin bei den Pflegerinnen geklagt hat, dass ich so unaufmerksam wäre und sie gar nicht wüsste, was mit mit los sei. Ich war doch gar nicht unaufmerksam – im Gegenteil: ich war zu 100 % aufmerksam: ich habe die Katzen gesucht!

Ich war kurz vor der Verzweiflung, als eines Tages Hofkater Joshi zum Hundehaus reinschaute und fragte: “Sag mal, was suchst Du eigentlich? Du benimmst Dich ja in letzter Zeit wie ein aufgescheuchtes Huhn!” Mir war klar, dass Joshi wahrscheinlich meine einzige Chance war, endlich zu erfahren, wann die Katzen Gassi gehen und ich erzählte ihm von meiner Not. Und da ist es passiert! Er bezeichnete mich als dummen Hund und wälzte sich vor Lachen auf dem Boden. Ich war kurz davor, so richtig sauer zu werden, aber da erklärte Joshi mir, dass Katzen nicht Gassi gehen; und dass sie auch keine Gassigänger sondern Kuschelpartner haben. Jetzt wurde mir einiges klar und ganz kurz huschte der Gedanke “ich dummer Hund” durch meinen Kopf, aber wirklich nur ganz kurz und da will ich auch gar nicht näher drauf eingehen.

Joshi fand mein Anliegen, Euch von uns Tierheimtieren zu berichten, auch wirklich wichtig und versprach mir, die Katzenhausbewohner einzuweihen. Ab jetzt brauchte ich nur darauf warten, dass meine Gassigängerin mal ein Pläuschchen in der Nähe der Außengehege hält und endlich würde ich auch von den Katzen berichten können. Wieder einmal meinten es die Umstände gut mit mir, weil meine Gassigängerin auf die Idee kam, dass ich mal lernen sollte, mich in der Nähe von Katzen anständig zu verhalten. Was soll ich sagen – besser konnte es nicht laufen. Und endlich war sie auch wieder zufrieden mit mir, weil ich das ja so toll machte … ich will Euch da mal etwas anvertrauen: Ihr Menschen versteht uns nicht immer so richtig gut. Aber wenn man einen unterschiedlichen Antrieb jedoch das gleiche Ziel hat, sind am Ende alle immer zufrieden.

Endlich war es soweit! Ich hatte Kontakt zu den Katzen. Der erste, der mit mir sprach war der rote Kater Balou – ein sehr selbstbewusster Kerl. Er erzählte mir, dass immer mehrere Katzen in einem Zimmer mit Außengehege wohnen. Seine Zimmergenossen sind Henry und Buffy. In jedem Zimmer gibt es mehrere Futterstellen, mehrere Toiletten und ganz viele Schlafmöglichkeiten, so dass sich auch zwei Katzen, die sich nicht so toll finden, aus dem Weg gehen können. Am spannendsten fand ich das mit dem Futter! Die haben wirklich immer Futter zu Verfügung. Das finde ich sehr unfair – wir Hunde bekommen nur eine Mahlzeit und fertig … das versteh einer…

 

Während wir so plauschten, wurde mir klar: auch wenn Hund und Katze recht verschieden sind, wir alle hier haben eine große Gemeinsamkeit. Wir sind alle Tierheimtiere und warten auf Menschen und ein Zuhause, dass zu uns passt. Schließlich sind wir doch hier, weil unser altes Zuhause ja irgendwie nicht passte.

Balou erzählte dann so ein bisschen über die einzelnen Bewohner im Katzenhaus und wie bei uns Hunden, sind da viele unterschiedliche Charaktere. Manche sind offen und begegnen Besuchern direkt freundlich und verschmust. Solche Katzen finden ganz schnell ein Zuhause und Balou meint, es macht fast keinen Sinn, sie näher kennen zu lernen, weil sie so bald wieder weg sind. Es gibt aber auch die Anderen, die zurückhaltend, abweisend oder enttäuscht sind. Dafür müssen besondere Menschen kommen – Menschen, die an sie glauben und die sich nicht davon abschrecken lassen, dass das Zusammenleben anfangs schwierig ist. Er sagte, seine Mitbewohnerin Buffy wäre ein bisschen so, aber im Nachbarraum – das Geschwisterpaar Lilly und Pitti wäre noch viel extremer. Die meisten Besucher sehen sie nicht einmal. Und manchmal, wenn Pitti doch mal zu sehen ist, faucht er schon, nur wenn jemand den Raum betritt. Aber er ist nicht gefährlich oder böse … es ist bald mehr wie ein Test … ein Test, um festzustellen, ob ein Mensch durch seine Fassade durchsieht und seiner Zuneigung würdig ist. Allerdings kann so ein Test recht lange dauern …

In diesem Moment empfand ich eine Seelenverwandschaft zu einem Kater, den ich gar nicht kannte. Ich bin auch sehr abweisend … ich mag keine fremden Menschen um mich herum … aber aus einem fremden Menschen kann ja auch ein vertrauter Mensch werden, wenn er sich Zeit und Ruhe nimmt. Meine Gassigängerin sagt immer, ich wäre ein großartiger Hund, wenn ich erst einmal “Ja” gesagt habe. Ich höre das sehr gerne, wedele dann immer mit meiner Rute und versuche ihr mal zart über die Nase zu lecken … aber das ist ja ein anderes Thema.

Nur mal so fürs Protokoll: ich werde kein richtiger Katzenfreund mehr werden, aber hier im Tierheim müssen wir doch zusammen halten und Balou hat mir einen wirklich spannenden Einblick in die Tierheimkatzenwelt gewährt. Da sind schon ein zwei Sachen, die uns vereinen und über die ich noch ein wenig nachdenken muss.

Für die Zukunft kann ich aber erst einmal mit gutem Gewissen sagen: das Tierheimnetzwerk steht und ab jetzt passt nicht nur der Spitz auf sondern ALLE halten Augen und Ohren offen, was es zu berichten gibt.

Joshi, der den Stein ja quasi ins Rollen gebracht hat, ist übrigens nicht mehr hier. Der alte Haudegen hat den Hofkatzen Camilla und Paula das Leben echt schwer gemacht und hat ein tolles Zuhause auf einem Hof gefunden.

Es gab auch noch ein paar kuriose Dackelgeschichten in den letzten Wochen, aber davon erzähle ich Euch beim nächsten Mal … jetzt muss ich mich erst einmal ausruhen.

Euer Atreju