Tierschutz vor der Haustüre

Hallo Ihr Lieben,

 

so richtig anfreunden kann ich mich bisher mit dem neuen Jahr nicht. Zum einen liegt das daran, dass zu jedem Jahresanfang gleichzeitig auch Winter ist – und das ist einfach nicht meine bevorzugte Jahreszeit… es ist kalt, nass und manchmal liegt sogar dieses weiße Zeugs rum… da kontrolliere ich sehr gerne ausgiebigst die Wäschekammer und gönne mir manchmal auch ein Nickerchen – zum anderen war es bis hierher auch schon ein wirklich turbulentes Jahr. Viel los ist ja bei uns immer, aber die ersten Wochen in 2019 waren dann doch voller turbulenter Ereignisse, die einen sehr nachdenklich machen.

Obwohl ich ein wirklich gemütliches Bett in der Wäschekammer habe, konnte ich so manches Mal gar nicht zufrieden weg schlummern, weil ich wieder und wieder über das Thema Tierschutz nachdenken musste. Jetzt wundert Ihr Euch und fragt, was man denn da so lange drüber nachdenken kann? Ihr sagt: “Tierschutz… ist doch ganz klar – das heißt Tieren helfen” … Ach Ihr Lieben, wenn es doch nur so einfach und klar wäre, aber es ist soviel vielschichtiger…

Ja, Tierschutz heißt natürlich in erster Linie, dass man Tieren hilft und sie schützt, aber es bedeutet auch verantwortungsvoll zu handeln und mitunter auch, sich abzugrenzen. Ich merke schon, dass ich Euch verwirre und so richtig klar ist ja auch noch gar nicht, was ich versuche zu sagen. Anhand von Alltagsbeispielen aus meinem Hotel für bedürftige Tiere will ich versuchen, das alles etwas klarer darzustellen.

Ihr wisst ja, dass zu uns auch Katzen kommen, die nicht mehr in ihrem Zuhause bleiben können. Dafür gibt es die verschiedensten Gründe – manche kann man verstehen, andere nicht. Für uns ist das egal! Denn Fakt ist nun mal: empfindet ein Halter das Zusammenleben mit seiner Katze als Belastung, ist es auch eine Belastung für die Katze und sie verdient ein Zuhause, in dem sie wieder harmonisch mit ihrem Menschen leben kann.

Bei Abgabegründen, die in dem Tier begründet liegen, nehmen wir die Gründe auf und verknüpfen sie mit unseren eigenen Beobachtungen zu einem Gesamtbild. Abgabegründe wie Unsauberkeit, Aggression oder fortgeschrittenes Alter sind für uns kein Grund, eine Katze nicht aufzunehmen auch wenn wir wissen, dass diese Voraussetzungen eine Vermittlung schwieriger machen können. Das bedeutet für uns Tierschutz!

Häufig ist auch die Abgabegebühr ein strittiges Thema und es wird uns vorgeworfen, dass Tierschutz und “Geld kassieren” nicht zusammen passen. Für uns ist auch die Abgabegebühr Teil des Tierschutzes. Das wäre vielleicht nicht nötig, wenn wir so große finanzielle Ressourcen hätten, dass wir darauf nicht angewiesen wären, aber wir sind ein eher kleiner Tierschutzverein und Teil unserer Verantwortung ist einfach, sicher zu stellen, dass wir unsere Tiere versorgen können und auch wir müssen Futter kaufen und Rechnungen bezahlen. Erschwerend kommt hinzu, dass in den seltensten Fällen eine Abgabegebühr die Kosten deckt. Der Aufwand der notwendigen medizinischen Versorgung hat in der letzten Zeit deutlich zugenommen und ist in den seltensten Fällen offensichtlich, so dass wir in vielen Fällen ein Überraschungspaket bekommen, was die Kosten angeht. 

Erinnert Ihr Euch an unseren Diabetiker Kater Max? Bei der Abgabe hatten wir leider keinen Hinweis auf seine Erkrankung. Für Max war es gefährlich, dass wir diese Information nicht hatten für die Abgeber offensichtlich das Mittel der Wahl um zu verhindern das Max möglicherweise abgelehnt würde. In einem solchen Fall mangelt es ganz klar an Verantwortung und es werden die eigenen Bedürfnisse auf eine so niederträchtige Art und Weise über die des Tieres gestellt, dass das für uns ganz weit weg von Tierschutz ist.

Nicht selten erhalten wir Anrufe von Tierhaltern, die z. B. Tierarztrechnungen nicht bezahlen können und anfragen oder sogar erwarten, dass wir das im Rahmen des Tierschutzes übernehmen. Ja, natürlich sind wir ein Tierschutzverein und setzen uns für das Wohl der Tiere ein, aber wir sind kein “Verantwortungsübernahmeverein”. Der Tierhalter muss sich der Verantwortung bewusst sein und dieser auch gerecht werden. Und Verantwortung und Tierschutz kann auch heißen, sich kein Tier anzuschaffen, weil die Rahmenbedingungen nicht stimmen.

 

In vielen Fällen sind wir aber gezwungen, die Verantwortung zu übernehmen, die eigentlich der Tierhalter tragen müsste. Einmal natürlich bei Abgabetieren, die mit versteckten oder auch verschwiegenen Erkrankungen zu uns kommen, aber auch bei Fund- oder ausgesetzten Tieren.

 

 

Natürlich ist hier ein Beispiel Sky, der nun schon ein Jahr bei uns ist und der – dem Tod näher als dem Leben – bei uns ausgesetzt wurde. Mehr aus der Verantwortung ziehen kann sich ein Tierhalter nicht! Und Ihr könnt mit mir auch nicht diskutieren, ob es ein gutes oder schlechtes Aussetzen gibt … da bin ich nicht offen für. An dem Straftatbestand ändert sich nichts – egal ob es vor dem Tierheim oder in einem Wald ist … egal ob Futter dabei ist … egal ob es ein Hund, eine Katze, ein Kaninchen oder vier Ratten sind.

Auch in diesem Jahr hatten wir da schon klare oder auch fragwürdige Fälle. So wurde im Januar ein Kaninchenmädchen in einem Karton gefunden. Sie war so vernachlässigt, dass es der Tierquälerei gleichzusetzen ist. Die unterlassene Pflege hatte zu massiven entzündlichen Prozessen geführt und trotz aller Hoffnung und Bemühungen, konnte sie nur erlöst werden.

Oder unsere Fund-Norwegerin Mary-Lou, die sofort tierärztlich behandelt wurde, wo aber auch jede Hilfe zu spät kam und wo sich aufgrund des Krankheitsbildes der Gedanke nicht verdrängen lässt, dass sie wegen der Erkrankung sich selbst überlassen wurde.

Es gibt auch Fälle, wo menschliche und tierische Schicksale derart verknüpft sind, dass man es kaum ertragen kann. So haben wir auch einen offensichtlich schwer kranken Hund aufgenommen, dessen Besitzer verstorben war – in dem Wissen, dass die Kosten das normale Maß um ein vielfaches übersteigen würden. So gerne hätten wir für sie für ihren Lebensabend noch ein schönes Zuhause gefunden, aber leider musste auch hier die Hoffnung und das Wunschdenken der Realität weichen und wir konnten ihr nach zahlreichen Untersuchungen nur weiteres Leid ersparen.

Das alles sind Fälle, wo sich Besitzer ihrer Verantwortung entzogen haben und wo wir sie für die Tiere gerne übernehmen – denn auch das ist für uns Tierschutz! Das können wir jedoch nur in Maßen leisten, denn in erster Linie tragen wir die Verantwortung für die Tiere, die sich in unserer Obhut befinden. Sicherlich ist die Liebe zum Tier der Grundstock für Tierschutz oder die Entscheidung, ein Tier bei sich aufzunehmen, aber egal, wie man sich auch windet … Liebe allein reicht leider nicht. Da müssen wir alle Grenzen akzeptieren, die manch einer oft nicht wahrhaben will.

 

Natürlich besteht unser Alltag nicht nur aus solchen Geschichten, aber wir picken hier auch keine Einzelfälle heraus – das ist ganz klar Bestandteil unseres Alltags und zeigt mehr als deutlich, dass vor jeder Tür Tierschutzbedarf da ist und Tierschutz geleistet werden kann.

 

Ihr lest meine Kolumne – also seid Ihr Tierfreunde … BITTE tragt Euren Teil dazu bei. Tierschutz fängt damit an, dass man nicht weg schaut und jeder kann im Rahmen seiner Möglichkeiten, etwas für Tiere tun. Bietet doch vielleicht Hilfe an, wenn Ihr seht, dass jemand mit seinem Tier überfordert ist. Erklärt Freunden und Bekannten, warum es so wichtig ist, Katzen kastrieren und chipen zu lassen …. warum ein Kaninchen niemals in einem kleinen Käfig glücklich sein kann. Unterstützt heimische Tiere, indem Ihr in einer Hitzeperiode Futter- und Wasserstellen im heimischen Garten einrichtet.

 

Tierschutz ist so vielfältig und manchmal so leicht und unaufwendig und dabei so notwendig! Und definitiv muss man nicht über Landesgrenzen schauen, um einen wirklich großen Bedarf für den Tierschutz zu sehen. Jeder kann seinen Beitrag dazu leisten, wenn er sich nur ein kleines Stück aus seiner Komfortzone hinaus bewegt.

 

Tierschutz endet nicht am Telefon mit der Aussage: “Ihr seid doch der Tierschutzverein – also kümmert Euch.” Das übersteigt schlicht und einfach unsere Möglichkeiten. Funktionieren kann das nur, wenn wir Hand in Hand arbeiten und uns unterstützen.

 

 

Eure Paula