Der kleine Unterschied

Hallo Ihr Lieben,

 

endlich finde ich mal wieder etwas Zeit, Euch ein paar Zeilen zu schreiben. Wie ist es Euch ergangen in diesem wirklich heißen Sommer? Soll ich Euch was verraten? Ich habe mir manchmal in der Nacht ganz heimlich “Katzenmilch on the rocks” gemacht, die Stille genossen und über einige Dinge nachgedacht.

 

Hat Euch die Überschrift schon neugierig gemacht? Es ist nicht das, was ihr jetzt vielleicht denkt …

 

Wir sehen hier eine Vielzahl von Menschen und Tieren kommen und gehen und manchmal in der Hektik wirkt alles etwas einheitlich, aber das ist es gar nicht. Jeder Mensch und jedes Tier ist anders, besonders, einzigartig … und will erkannt werden. Ihr wisst ja, dass ich mir immer viel Zeit nehme für meine Gäste. Ich möchte sie kennen lernen und mehr über ihre Bedürfnisse und Wünsche wissen. Denn nur so kann man das richtige Zuhause für sie finden. Meine Mitarbeiter sind da ganz auf meiner Linie und beobachten und interagieren ebenso viel mit unseren Gästen.

Aber wie dieses ganze “Vermitteln” abläuft, habe ich Euch glaube ich schon mal erzählt. Eigentlich möchte ich heute auf etwas ganz anderes heraus … auf einen kleinen, sehr wichtigen Unterschied. Ich möchte heute mit Euch über den Unterschied reden, was es heißt “Tiere zu lieben” oder “es zu lieben, ein Tier zu haben”.

 

 

Ich höre schon wieder die Stimmen, die sagen: “Paula, das sind doch Wortklaubereien. Nun nimm es doch nicht wieder so pingelig genau.” Ich finde das nicht! Mag dieser Unterschied im sprachlichen Sinne sehr klein sein, so ist er inhaltlich umso gewichtiger.

Ich will versuchen, Euch zu erklären, warum mir das so wichtig ist. Menschen, die es lieben, ein Tier zu haben, lieben häufig zunächst das Bild oder die Vorstellung, die sie davon haben. Sie stellen sich vor mit ihrem Hund in schöner Natur spazieren zu gehen … der Hund läuft frei, kommt aber zuverlässig und schwanzwedelnd, wenn er gerufen wird. Oder sie stellen sich vor, wie die flauschige Katze sich auf ihrem Schoß zusammen rollt und wohlig schnurrt. Dieses Wunschbild kann der Realität entsprechen, wenn Mensch und Tier glücklicherweise gut zueinander passen und die Bedürfnisse sich decken. Dann kann es “reichen”, es zu lieben, ein Tier zu haben – auch ohne, dass es für Mensch oder Tier Nachteile hat.

Die Spreu trennt sich jedoch vom Weizen, wenn Mensch und Tier für ein “gutes zueinander Passen” Kompromisse eingehen müssen, wenn sie zueinander finden müssen … kurzum: wenn es Probleme gibt.

 

 

Denn Tiere lieben, sein Tier lieben heißt nicht, dass dieses Tier sich in mein Leben einfügt; das heißt vielmehr, dass ich seine Bedürfnisse sehr genau kenne und respektiere und sich die Leben zu einem verbinden. Ja, ich gebe zu das hört sich schon ein wenig pathetisch an, aber ich finde es schön und passend.

Ich will mal ein tatsächlich nicht seltenes Beispiel aus unserem Hotelalltag geben. Ein schüchternes und verängstigtes Kätzchen (merkt Ihr das? Man nennt es sofort Kätzchen statt Katze, weil man da doch eigentlich sofort das Bedürfnis hat, es zu beschützen und ihm zu helfen) sucht ein Zuhause, in dem es ankommen darf. Es kommen Interessenten, die – ganz kurz zusammen gefasst – sagen, sie kennen sich mit Katzen aus, das wäre für sie kein Problem, die Katze muss sich nicht sofort streicheln lassen. Meine Mitarbeiter erklären mehrfach, dass sich so etwas sehr lange hinziehen kann … alles kein Problem. Das Kätzchen zieht aus … und wird nach – sagen wir – vier Wochen zurück gebracht, weil es sich immer noch verkriecht. Sorry, aber das ist der Moment, wo mir nicht einmal mehr die Katzenmilch schmeckt.

Zur Tierliebe gehört, ein Tier so anzunehmen, wie es ist … es dort abzuholen, wo es steht und in der Zeit, die das Tier vorgibt, in Richtung gemeinsamer Weg zu gehen.

 

Soll ich Euch was erzählen? Vor wenigen Tagen erst wurden wir angeschrieben, weil ein kleiner Kater, der vor 3,5 Jahren von uns adoptiert wurde einen neuen Entwicklungsschritt gemacht hat und sich nun endlich traut, frei und unbefangen zu spielen. Das ist einfach nur großartig! Danke, dass Ihr ihm seine Zeit gegeben habt. Danke, dass Ihr Euch so für ihn freut – denn es ist seine Lebensqualität die wächst. Und danke, dass Ihr uns daran teilhaben lasst. Hach – ich werde ganz sentimental…

 

 

Ihr findet, das ist zu schwarz weiß gedacht? Vielleicht habt Ihr da nicht ganz unrecht. Ich will versuchen, die Grenze zwischen diesem kleinen Unterschied etwas zu verwischen.

 

Nicht jedes Zuhause ist das Richtige für “schwierige Fälle”. Das ist auch vollkommen in Ordnung so. So viele Bedürfnisse sind zu berücksichtigen … was soll ein verängstigtes Kätzchen bei einem kleinen Kind? Keiner der Beiden profitiert von dieser erzwungenen Partnerschaft.

 

 

Ich finde, wenn Menschen, die aufgrund ihrer persönlichen Umstände, ein Bild vor Augen haben, wie das Zusammenleben mit einem Tier aussehen soll und die es lieben, dieses Bild Realität werden zu lassen (ich muss ja nun bei meiner Wortwahl bleiben), sich dann aber auch sehr genau ihre möglichen tierischen Partner aussuchen und auch deren Bedürfnisse berücksichtigen … genau in dem Moment überschreiten sie die Grenze zur Tierliebe. Denn auch zu wissen, was man nicht möchte, ist ein Bedürfnis.

 

Erkennt Eure Bedürfnisse und vor allem: respektiert die Bedürfnisse Eurer Tiere.

 

Eure Paula